Das Magazin ke NEXT war bei uns zu Besuch für die Titelstory im aktuellen Sonderheft

Die Firma Caspar hat sich auf Gleitlager spezialisiert. Wie kam es dazu?

Das Unternehmen wurde 1937 von meinem Großvater gegründet, ursprünglich als Modellbau in Leipzig. Als dann sein Betrieb nach dem Krieg zwangsweise in einen volkseigenen Betrieb umgewandelt werden sollte, 1958, hat er bei Nacht und Nebel seinen Koffer gepackt und ist nur mit dem was er tragen konnte abgehauen. Über diverse Umwege hat es ihn dann hier nach Flein in ein altes Wäschereigebäude verschlagen. Glücklicherweise konnte er wieder an alte Erfolge anknüpfen. Das Unternehmen hat sich dann, der Technik folgend, vom Modellbau zum Werkzeugbau gewandelt. Als mein Vater ins Unternehmen eingestiegen ist, fing er mit der Dreherei an, unter ihm haben sich gedrehte Gleitlager als wichtiger Geschäftszweig herauskristallisiert.

Mit den Jahren hat er dann den Modellbau langsam auslaufen lassen. In den 1990ern bin ich so langsam hinzugekommen. Ich habe in Heilbronn an der Fachhochschule Produktionstechnik studiert. Seit 1995 bin ich offiziell Geschäftsführer. Ich habe die Blechbearbeitung als weiteres Standbein hinzugeholt, sodass wir zu den gedrehten Gleitlagern noch die Metallpolymergleitlager ins Sortiment genommen haben. Da wir schon seit Jahrzehnten Gleitlager herstellten und es unser Hauptgeschäftspunkt war, haben wir 1999 den Fokus auf Gleitlager dann auch in den Firmennamen mit aufgenommen: Caspar Gleitlager GmbH. Lange Zeit waren wir die verlängerte Werkbank verschiedener Händler. Mittlerweile agieren wir aber selbstständiger am Markt. Heute stellen wir zum Großteil Metallpolymergleitlager her, also Blechteile mit Sinterbronze oder PTFE-Gleitschicht. Aus diesen Materialien fertigen wir Sonderteile für unsere Kunden. Wir handeln aber auch mit Sintergleitlagern, Festschmierstoffgleitlagern, klassischen gedrehten Gleitlagern und Antriebstechnik.

Haben Sie sich auf spezielle Branchen spezialisiert?

Eigentlich gar nicht. Wir sind sehr breit aufgestellt, Gleitlager gibt es überall. Klar, der Maschinenbau hat klassisch den größten Anteil. Aber da haben Sie alles dabei: Luftfahrt, Schienenverkehr, Schifffahrt, Energie, Chemie, Lebensmittelbranche. Ansonsten noch Medizintechnik, Transport, also das ist so breit gestreut, dass ich keine klar bevorzugte Branche nennen kann.

Nun gibt es ja bei Gleitlagern viele Hersteller mit sehr umfangreichen Katalogprogrammen. Wo ist da Ihre Lücke?

Die Standardprodukte haben wir auch im Lager, aber wir machen zusätzlich eben auch alles, was in den Katalogen nicht zu finden ist. Wenn Kunden mit Zeichnungen zu uns kommen, ein spezielles Gleitlager für eine spezielle Anwendung in einer Spezialmaschine brauchen, und das innerhalb von drei Tagen, dann sind wir die richtigen Ansprechpartner. Denn solche kleinen Mengen in sehr kurzer Zeit, das kann praktisch kaum jemand sonst auf dem Markt. Da sind wir der absolute Spezialist. Die Kundenanpassungen sind ganz unterschiedlich: Eine andere Länge als das Katalogprodukt, ein anderer Durchmesser, andere Wandstärke, zusätzliche Bohrungen für die Schmierung, Ausfräsungen, das sind die Anforderungen – oft in Kombination mit einem anderen Werkstoff, der höhere Leistungen erbringt.

Welche Vorteile haben in diesem Zusammenhang die Gleitlager aus beschichtetem Blech?

Nun, die klassischen Lager aus Kupferlegierungen müssen alle mit Öl oder Fett geschmiert werden. Diese Stoffe können zum einen die Umwelt verschmutzen, zum anderen muss der Schmierstoff gewartet und gepflegt werden. Der Trend ist aber, dass Maschinen und Anlagen keinerlei Wartung bedürfen, sie also ab Werk ausgeliefert werden und funktionieren, bis sie verschrottet werden. Zudem gibt es Einsatzbereiche, bei denen generell keine Verschmutzung durch Fett geduldet wird. Denken Sie an eine verschieb- und verstellbare Patientenliege an einem Röntgengerät. Stellen Sie sich vor, da wäre Fett dran: Das schmiert sich der Arzt an seinen Kittel, oder der Patient bekommt das an die Wunde, das geht gar nicht. Auch im Lebensmittelbereich darf nichts mit Schmierstoffen kontaminiert werden. Hier bieten die Metallpolymergleitlager viele Vorteile: Sie sind günstiger vom Aufbau her, weil der teure Rohstoff Kupfer nicht in der Menge verwendet wird. Er wird ersetzt durch einen billigeren, zugleich dünneren und damit leichteren Stahlrücken. Durch das PTFE als Gleitschicht kann man wiederum Öl und Fett ersetzen, sodass es wartungsfrei ist. Dank weniger Zerspanung gibt es weniger Abfall in der Herstellung, von daher ist es ein günstigeres Produkt.

Wozu gibt es dann noch die gedrehten Lager auf Kupferbasis?

Man muss ein Lager immer an die Anforderungen anpassen. Habe ich sehr hohe Präzisionsanforderungen, kann es sein, dass ich ein Wälzlager einsetzen muss. Habe ich Stöße oder Erschütterungen, dann gehe ich eher auf ein Gleitlager. Auch hier muss ich dann wieder auswählen: Sind sehr korrosive Medien im Einsatz, kann es sein, dass man komplett weg von metallischen Werkstoffen auf Kunststofflager gehen muss. Wo immer es möglich ist, setzt man heute Metallpolymergleitlager ein, wenn es antimagnetisch sein soll auch mit Bronzerücken. Aber wenn es wirklich grob zur Sache geht, an einem Steinbrecher etwa oder einem Schwerlasttransporter, dann braucht man nach wie vor Gleitlager aus Kupferlegierungen. Die bieten mehr Verschleißdicke, vertragen gröbere Belastungen und mehr Schmutz. Die PTFE-Lager sind empfindlicher, weil sie nur eine dünne Schicht haben. Dafür haben sie andere Vorteile.

Zum Beispiel?

Zunächst einmal haben wir das Blech als Ausgangsmaterial. Praktisch alles, was aus Blech herstellbar ist, lässt sich auch als Gleitlager machen. Das heißt, wir können eine zwei Meter lange Platte als Gleitschiene herstellen. Wir können Scheiben fertigen, die man mit einer Puzzleverklinkung versehen kann, um Segmente zu großen Flächen zusammenzustecken. Wir können das Blech kanten und biegen, um Winkel oder U-Profile zu realisieren. Wir können es natürlich auch zu einer Buchse rollen, womit wir dann wieder bei der klassischen Rohrform sind. Die Möglichkeiten sind sehr vielfältig mit dem Material, und das alles zu relativ günstigen Preisen und kürzeren Lieferzeiten.

Was heißt bei Ihnen kurze Lieferzeit, und in welchen Stückzahlen können Sie Ihre Sonderanfertigungen herstellen?

Unsere üblichen Lieferzeiten für Sonderteile liegen bei drei bis vier Werktagen. Und wenn es wirklich brennt, wir hatten das schon, da haben wir dem Kunden gesagt: „fahr los, kriegst bei uns noch einen Kaffee, bis dahin haben wir das Teil fertig“. Das geht je nach Stückzahl auch. Wir fangen bei Losgrößen von einem Stück an. Nach oben hängt es vom Bauteil ab: Bei Scheiben, die ja als Stanzteile fallen, kommen durchaus mal 10.000 Stück zusammen. Bei gerollten Buchsen im großen Durchmesser von 300 Millimeter  braucht man solche Stückzahlen kaum, da liegen Aufträge üblicherweise bei ein paar Hundert Stück.

Was sind denn die wichtigsten Kundenanforderungen und wie haben sich diese über die Jahre verändert?

Von den Bauteilformen her ändert sich im Gleitlagerbereich gar nicht so viel. Das ist relativ statisch. Hin und wieder kommen neue Werkstoffe hinzu. Im Moment ist die Anforderung aus den RoHS-Regeln, dass das Gleitlager bleifrei sein soll. Aber ansonsten ist es ein relativ statischer Markt. Aber was sich definitiv verändert hat, ist der Zeitfaktor. Die Ware wird einfach immer schneller benötigt.

Sie sagen ja, dass Sie sehr schnell sind. Wie schaffen Sie das?

Ja, das stimmt, wir sind sehr schnell. Wir können auch technisch komplizierte Teile, komplizierte Konturen etwa, schnell und ohne große Werkzeuganpassungen realisieren. Das geht, weil wir ein kleines Team von zehn Leuten sind, die alle sehr eng in einem Großraumbüro zusammenarbeiten. Dadurch können wir alle Informationen schnell durchreichen. Das ist schon ein wichtiger Punkt bei uns.

Auch in der Fertigung ist das so: Wir haben viel mehr Maschinen als Mitarbeiter. Sehen Sie, in anderen Betrieben wird oft großer Wert auf die Maschinenauslastung gelegt. Aber das bedeutet immer, dass ich Kunden warten lassen muss, sonst kriege ich 99 Prozent Maschinenauslastung nicht hin. Wir fokussieren uns im Gegenteil komplett auf die schnellen Lieferzeiten. Dafür müssen unsere Mitarbeiter sehr flexibel sein, indem sie von einer Maschine immer wieder mal kurz auf die andere springen. Dreimal am Tag umbauen, auch mal was liegen lassen, um einen dringenderen Auftrag dazwischen zu schieben – da mussten sich natürlich auch unsere Mitarbeiter anpassen, gebe ich zu.

Sonderanfertigungen sind in der Regel teurer als Serienprodukte. Wie sieht das bei Ihnen aus, wie viel teurer sind Ihre Lager?

Das ist im Grunde nicht so schlimm. Aber klar: Wenn es ums Geld geht, dann bringen Kunden immer wieder die Preise asiatischer Ware in die Verhandlung und sagen: „in China bekomme ich das Teil zum Drittel des Preises“. Klar. Aber da muss er halt zehn bis zwölf Wochen warten auf die Ware. Bei uns sind es drei, vier Tage. Auch die Stückzahl macht deutliche Unterschiede. Denn ein Standardprodukt wird zu 10.000en produziert, wir machen oft nur einige Teile. Und selbst da ist es ein Unterschied, ob wir eines oder zehn Teile herstellen. Natürlich hängt der Preis auch davon ab, inwieweit das Bauteil vom Standard abrückt. Wenn ich nur eine gekürzte Länge möchte, ist die Differenz gering. Möchte ich auch noch zusätzliche Nuten, Bohrungen und Ausklinkungen dazwischen haben, dann wird die Differenz natürlich deutlich größer. Aber wichtig ist: Auch diese Sonderlösungen können wir in wenigen Tagen liefern.

 

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